HEINIS TIPPS!

Auch der Jäger kann zur Beute werden

Diesmal die Rezension eines Lesers: 

Unser Protagonist heißt nicht nur Hunter White, er ist es auch: ein weisser Jäger. Arbeitet als Banker und handelt mit Wertpapieren. Also mit Illusionen. Um sich lebendig zu fühlen geht er auf Großwildjagd in Afrika.
Der Roman schafft es in jeder Sequenz der Geschichte, Ebene um Ebene aufzubauen, zu formen, fallen und wieder neu entstehen zu lassen. Der Leser weiß oft gar nicht wie er die Erlebnisse einordnen kann.
Die Autorin schafft es, uns Schrittweise in die Abgründe der Seele von Hunter White mit zu nehmen. Und in unsere? Aber eben nicht mit erhobenen Zeigefinger.
Im ganzen Roman gibt es keinen erkennbaren Weg einer klaren Meinung oder Werten. Gaea Schoeters schafft es bei politischen und moralischen Fragen den Mittelweg zu wählen, ohne das der Leser hierbei das Gefühl hat, dies übernehmen zu müssen. Bis zum Schluss befindet sich der Leser in einem Konflikt. Es zerreißt ihn regelrecht.. Wie ein wildes Tier?  Das macht gute Bücher aus!
So auch im Buch. Auch der Jäger kann zur Beute werden. Das gilt nicht nur für die brutale Wendung, die die Geschichte nimmt. In dem Hunter sich auf die letzte Jagd einlässt, übersetzt er in die Tat, wie die Weissen denken. Diese Gedanken bauen sich auch im Leser auf. Beide machen sich zum Gejagten.
Ist einmal dieses Grenze überschritten gibt es kein Zurück mehr. Der Tod ist unausweichlich. Für Beide – für den Jäger und die Beute. Für Schöters auch der Leser? Das frage ich sie als Leser!
Der Roman ist von Seite 1 an ein packendes Leseerlebnis. In dem Gaea Schöters uns dazu bringt, den Jäger emotional zu verstehen, lockt uns die Autorin aufs Glatteis. Es bildet sich eine Logik aus den Gefühlen der Hauptfigur. Das als Leser zu Erleben ist ebenso faszinierend wie erschreckend.

Ganz klar keine Empfehlung für Jedermann. Aber wer es spannend liebt, kommt hier voll auf seine Kosten.

Trophäe

Gaea Schoeters

Verlag Zsolnay

ISBN: 978-3-552-07388-3    

24,00 Euro

Berührende, angenehm unaufgeregt erzählte Geschichte

Die Autorin hat es nach wenigen Seiten geschafft, mich für die von ihr erzählte Geschichte und ihre Figuren zu interessieren. Mein Interesse und meine zunehmende Berührtheit hielten bis zum (wie ich finde) stimmigen Schluss an.
Hauptprotagonistin Maira hat jahrelang allein mit ihrer Mutter in einem alten Haus in einem kleinen Ort an der Ostseeküste gelebt. Eine digital-freie Kindheit aus vergangenen Zeiten.
Zwei Freunde, Anna und Jasper, die Natur, das Meer und seine tierischen Bewohner, prägten dieses Leben.
Bis ein traumatisches Erlebnis im Zusammenhang mit dem Tod der Mutter alles veränderte.
Die Handlung des Buches beginnt rund zwanzig Jahre später. Maira lebt inzwischen in Frankfurt, arbeitet als Restauratorin, und bekommt das Angebot ihrer Arbeitgeber und „Ersatzeltern“, den Betrieb zu übernehmen. Um das Kapital dafür zu haben muss  sie zurück an den Ort ihrer Kindheit, das von ihr inzwischen geerbte, lange sich selbst überlassene Haus an der Küste aufsuchen und dessen Verkauf realisieren.
Diese Reise in ihre Kindheit/Jugend, die dadurch ausgelösten Prozesse (auch die Aufklärung dessen, was damals geschah) werden von der Autorin sprachlich schön,  psychologisch nachvollziehbar und vor allem wunderbar unaufgeregt geschildert,  sehr berührend, ohne schmalzig zu sein.
Mich hat selten ein im norddeutschen Raum angesiedeltes Buch so abholen können. Es ist ein Buch, das ich als Frau - auch mit Empfehl-Gedanken an einige unserer männlichen Kunden - trotzdem eher als Empfehlung für weibliche Kunden im Kopf behalten werde.

Hier widerspricht der Buchhändler seiner geschätzten Kollegin, auch Männer werden beim Lesen des Romans gut unterhalten und – lernen weibliches Denken (noch) besser kennen und schätzen.

Unter Wasser ist es still

Julia Dibbern

Verlag Limes

ISBN: 978-3-8090-2777-5

 22,00 Euro

Was für ein Opus !

Der Autor erzählt die Geschichte eines Grundstücks in Massachusetts. Der zeitliche Bogen spannt sich von den ersten englischen Ansiedlungen bis über die Jetztzeit hinaus. Es geht um die menschlichen Bewohner im Laufe der Zeit, aber auch um Flora und Fauna (Kapitel Acht vereint all dies auf atemberaubende Weise mit der Geschichte um den Ulmensplintkäfer).
Das Einzigartige an dem Buch ist auch seine stilistische Vielfalt. Die zwölf durchnummerierten Kapitel für sich betrachtet würden einem konventionellen Roman entsprechen. Die Würze des Buches machen jedoch die dazwischen vom Autor platzierten „Sonderkapitel“ aus. Mal Gedicht, mal Briefwechsel, mal Notizen, mal Abschiedsbrief … und dies jeweils in einem ganz anderen, eigenen Stil. Alles miteinander fügt sich zu einem stimmigen harmonischen Ganzen. Die am Ende eines jeden Abschnitts platzierten Abbildungen runden dies ab.
Die immer wieder auftauchenden Momente des Zaubers/der Magie sind wohldosiert.
Ich habe so etwas noch nie gelesen. Ein Gesamtkunstwerk.

Oben in den Wäldern

Daniel Mason

Verlag C.H. Beck

ISBN: 978-3-406-81381-3

26,00 Euro

Ein Buchjuwel 2023

Tommie Goerz, der Autor dieses Buches war mir bisher nicht bekannt. So nehme ich das Leseexemplar „der Geschichte eines Mannes, der zeit seines Lebens um sein Leben kämpft und nicht gewinnen kann“ neugierig und unvoreingenommen in die Hand, beginne zu lesen … und versinke ab der ersten bis zur letzten Seite gebannt in der Lebensgeschichte des Anton Rosser.
Das Buch beginnt mit dessen Tod 1968. Der Hinweis auf damit verbundene Merkwürdigkeiten wird am Ende des Buches entschlüsselt werden. In den dazwischen liegenden, rund 100 kurzen Kapiteln wird das Leben des Anton erzählt: Geboren wird er 1897 in einem abgelegenen  Gehöft in der fränkischen Provinz, im sog. Tal, einem „kaltdunklen Loch“.  Sein Leben wird geprägt und durchzogen von der hoch problematischen Figur des Vaters.  Egal ob Anton das Tal verlässt, um in den 1. Weltkrieg zu ziehen (die beeindruckendste literarischen Nahaufnahme aus den Schützengräben, die ich jemals gelesen habe), die Situation nach seiner Rückkehr, der 2. Weltkrieg, seine (in jeder Hinsicht) „Liebesdinge“: Wie sehr Anton sich auch bemüht, sein Leben in selbstbestimmte, „gute“ Bahnen zu bringen, immer wieder kehrt die Figur des Vaters zurück, selbst nach dessen Tod, als unüberwindlich scheinender, über seinem Leben liegender Fluch. Herzzerreißend (im besten Sinne) bis auf die letzte Seite.
Auch sprachlich setzt das Buch Akzente: klar und prägnant geschrieben. Die örtlichen und szenischen Beschreibungen sowie die Entwicklung der Figuren sind sehr authentisch und von atmosphärischer Dichte. Viel von diesem Buch bleibt tief haften.
Eine der Entdeckungen dieses Jahres.

Im Tal

Tommie Goerz

Verlag ars vivendi 2023

ISBN: 978-3-7472-0508-2

22,00 Euro

Eine wunderbar abgedrehte Geschichte mit viel Hirn...

Franzobel schreibt einen Schelmenroman über den Pathologen Thomas Harvey,der unerlaubter Weise Einsteins Hirn an sich nimmt und 42 Jahre nicht mehr hergibt. Das Gehirn SPRICHT mit ihm. Diese Gespräche gehen um Gott und die Welt, um Philosohisches, Irrtum und Wahrheit und natürlich auch über  Astrophysik.

Ein wunderbares Lesevergnügen für alle, die skurille, unendlich gut geschriebene Texte lieben.

Einsteins Hirn

Franzobel

Hanser Verlag 2023

ISBN: 978-3-552-07334-0

28.00 Euro

Biographische Spurensuche auf feinstem sprachlichen Niveau ...

Sylvie Schenk, geb. 1944 in Frankreich, lebt seit 1966 in Deutschland und schreibt deutsch. Ihr beeindruckender Roman „Schnell, dein Leben“ (2016) war weitgehend autobiographisch geprägt. Mit ihrem jetzigen Buch „Maman“ geht sie einem Thema auf den Grund, das auch dort immer wieder anklang. Die Autorin selbst bringt es wie folgt auf den Punkt:
„Mamans Geburtsname war Renée Gagnieux, dieser Name steckt in mir, dreht sich schon lange unter meiner Brust …In meiner Mutter selbst rumorte ihre unbekannte Mutter, Cécile … die sie verdrängt, verschluckt, nie verdaut hat. … Auch das Leben von Cécile will ich in diesen Text einflechten, um endlich Fragen zu beantworten, die meine Mutter sich wahrscheinlich gestellt hat – damit sie Ruhe gibt, damit ich selbst Frieden finde.“
Der Versuch, diese Antworten durch Rekonstruktion der Biographien ihrer Großmutter Cécile und ihrer Mutter Renée zu finden zieht einen von Anfang in den Bann. In kurzen Kapiteln zeichnet die Autorin ein Bild dessen, was sich zugetragen haben könnte, teils gedeckt durch Recherchen, teils vermutet. Die dabei entstehenden Persönlichkeiten berühren, ebenso die Bezugnahmen der Autorin auf das weitere Leben der (insbesondere) weiblichen Generationslinie.
„Ich lege mich zu Cécile (Anm.: die nach der Geburt ihrer Tochter im Sterben liegt) und flüstere ihr ins Ohr, dass aus Renée eine Mutter werden wird, mit fünf Kindern, zehn Enkelkindern und neunzehn Urenkeln“
Die Sprache ist elegant, zart und poetisch, das Buch ist geistreich und anregend. Es berührt, die Autorin, auf dem Weg ihrer autobiographischen Spurensuche zu begleiten.
„Als habe man ihre Seele und ihren Körper in den ersten sechs Jahren zum Schweigen gebracht. Danach hatte man eine Notreparatur vorgenommen. Das Wesentliche hatte man aber nicht wiederherstellen können. Sie war eine Fassade geblieben. Zumindest haben wir nur die zu Gesicht bekommen.  … .“
„Meine Mutter darf mir nicht ins Nichts oder ausschließlich in ihren Frust und Hass abdriften, mein Text darf auch kein >luftiger Sarg aus Worten< werden, er ist meine erste und letzte Umarmung. Schreiben. Streicheln. Festhalten.“
Die letzten drei Kapitel runden das Buch wunderbar ab: einerseits schließt sich der „Kreis des Schicksals“, andererseits öffnen sich neue und zeitgemäße Wege.
Eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Maman

Sylvie Schenk

Hanser Verlag  2023

ISBN: 987-3-446-27623-9

22,00-Euro

Eine gute Entscheidung ?

Die Französin Karine Tuil erzählt in „Diese eine Entscheidung“ vom Spannungsfeld, in das die 49-jährige Untersuchungsrichterin Alma zwischen ihren persönlichen Interessen und beruflichen Aufgaben gerät. Ihre außereheliche Affaire mit dem Rechtsanwalt Emmanuel ist privater Aus- und Aufbruch. Genau dieser Rechtsanwalt ist es dann, der den 21-jährigen Abdeljalil verteidigt, der der Planung islamisch motivierter, terroristischer Anschläge verdächtigt wird und über dessen Freilassung oder Inhaftierung Alma zu entscheiden hat.
Karine Tuil erzählt ihre Geschichte fesselnd. Sie bedient sich verschiedener Erzählperspektiven, Ich-Erzählerin (Alma), subjektiv, und Wiedergabe von Befragungen/Protokollen, die die objektiv vorhandenen Anknüpfungspunkte für die von ihre zu treffende Entscheidung liefern. Herausragend ist das ergebnisoffene, äußerst reflektierte, immer wieder zweifelnde und sich in Frage stellende Vorgehen von Alma im Ringen um die richtige/gerechte Entscheidung. Und so trifft sie dann „ihre eine Entscheidung“.
Diese zu kommentieren (und auch den damit verbundenen, etwas reißerischen Spannungsbogen = einzige kleine Einschränkung) würde den Plot spoilern. Wir können die Lektüre dieses spannenden, gedanklich äußerst anregenden Buches nur empfehlen! 

Diese eine Entscheidung

Karine Tuil

DTV 2022

ISBN: 978-3-423-14882-5

13,00-Euro

Auch gut zum Vorlesen...

In dieser Zeit ein richtiger Schatz: Ein schelmisches Buch, in der viel wahre Begebenheiten unterhaltsam verwoben sind. Eine Geschichte über Moral und Liebe:  die Versuchung mal selbst zum gut verdienenden Helden zu werden ohne dabei aktiv lügen zu müssen. „Es hätte ja so gewesen sein können“ als Verhinderer von Wahrheit und echter Liebe.

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

Maxim Leo

Kiepenheuer & Witsch, 2022

ISBN: 978-3-462-00535-6

 13,00-Euro

Ab an die frische Luft, Voller guter Ideen, eine Fundgrube... 

 Raus aus dem Alltag - rein ins Abenteuer: Die Natur mit Kindern aktiv erleben

Die Wildnis beginnt direkt vor der Haustür: Packt einfach einige nützliche Werkzeuge und Snacks in euren Rucksack und schon kann es losgehen. Lasst eure selbst gebastelten Holz-Flöße auf dem Bach flitzen, baut ein Tipi im Wald oder röstet Stockbrot am Lagerfeuer. Wer es ruhiger mag, kann sich auf Fährtensuche begeben, Vogelstimmen lauschen, Blumenkränze flechten und so Tiere und Pflanzen hautnah kennenlernen.
Ob Schnitzen, Basteln, Kochen oder Spielen: "Wild Days" ist vollgepackt mit Outdoor-Ideen für Familien, die gerne die Welt erkunden und Abenteuer erleben möchten.

Wild Days

Irvine Richard

Landwirtschaftsverlag, 2022

ISBN: 978-3-7843-5711-9

22,00- Euro

und für die Kleinen...

Was gibt es lanweiligeres als eine Olympiade bei der der Sieger immer schon vorher festeht ? Im Hochsprung gewinnt immer der Puma, beim Kugelstoßen der Orang-Utan und beim Wettschwimmen der Orca...
Doch die Tiere haben eine grandiose Idee, wie man eine Olympiade viel spannender gestalten kann.

Ein besonderes Bilderbuch darüber, woraus eine Herausforderung wirklich bestehen kann und was in jedem von uns steckt.

"Erster werden ist nicht schwer, letzter sein dagegen sehr"

Juhu, Letzter!

Jens Rassmus

Edition Nilpferd, 2021

ISBN: 9783707452372

18,00 Euro

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